Das leidige Thema mit den Vornamen
Nach den Silvesterkrawallen forderte die AfD im Abgeordnetenhaus vom Senat die Herausgabe einer Vornamensliste der festgenommenen Beschuldigten. Sofort regte sich Widerstand von Linken und Grünen. Auffällig dabei: Alle drei Parteien schienen sich einig zu sein, wo die Täter zu suchen sind – nur gingen sie unterschiedlich damit um. Während die AfD eine ganze Volksgruppe diffamieren wollte, bemühten sich Linke und Grüne, ein bestehendes Problem zu verharmlosen oder gar zu leugnen.
Die Wissenschaft stellt ebenfalls Hypothesen auf – überprüft sie jedoch gründlich, um sie zu bestätigen oder zu widerlegen. Die moderne deutsche Sozialwissenschaft und Kriminologie betreibt das seit über 200 Jahren. Bereits zwischen 1798 und 1799 beschäftigten sich Forscher mit der Frage, warum die Zahl der Holzdiebstähle zunahm. Bis dahin war man einfach von der Existenz des „Bösen“ ausgegangen. Doch bald zeigte sich, dass kalte Winter und Armut entscheidende Faktoren waren – genau wie bereits 1789 in Frankreich, wo es zu verstärkten Korndiebstählen kam. In Frankfurt hatten Stadtobere sogar schon 1763 mit gesundem Menschenverstand reagiert: Sie verteilten Feuerholz an Bedürftige, lange bevor es wissenschaftliche Studien dazu gab.
Überträgt man diese Erkenntnis auf die Silvesterkrawalle, wäre es wenig sinnvoll, nur die Vornamen der Verdächtigen zu veröffentlichen. Vielmehr sollte eine umfassende Untersuchung durch Sozialwissenschaftler und Kriminologen stattfinden. Dazu gehören vollständige Biografien mit Nachnamen, Herkunft, Alter, Geschlecht und Religion, um ein differenziertes Bild zu erhalten. Denn klar ist: AfD, Linke und Grüne scheinen bereits zu wissen, wer die Täter sind – die einen, um zu stigmatisieren, die anderen, um zu beschwichtigen. Ernsthafte Politiker sollten sich hingegen um belastbare Fakten kümmern, um darauf basierend wirksame Maßnahmen zu ergreifen.
Sollte sich herausstellen, dass die Randalierer überwiegend Rentner ohne Migrationshintergrund sind, müssten völlig andere Konsequenzen gezogen werden, als wenn es sich um vietnamesische Ex-Gastarbeiterinnen oder junge muslimische Frauen handelt. Gute Politik basiert auf einer soliden Tatsachengrundlage – nicht auf Vorurteilen, wie sie AfD, Linke und Grüne bedienen. Ungleiches gleich zu behandeln, verstößt schließlich auch gegen den Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 Grundgesetz.
Malte Höpfner